"Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth!"
"Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen."
(Auszug aus der Chronik von Hans Nixdorf)
Schon zur Zeit des Pfarrers Johann Crato Rübenkönig (1683-1699) steht in der Kirchenchronik: „Die starke Vermehrung der hiesigen Einwohner macht es notwendig, dass dem Ort ein Pfarrer gegeben wird, der hier wohnt." „1699, Johann Jost Lynker, aus dem Oberfürstentum Hessen gebürtig, als erster dahier wohnender Pfarrer ordiniert, ihm aber auch die Oberschule zu Wallau anvertraut. Er wohnte auf Kosten der Gemeinde in einem hiesigen Bauernhaus." „Nun wurde das Wallauer Rektorat von der hiesigen Pfarrei getrennt, und dies erhielt Anno 1704 Johan Georg Moter. Von hier wurde er nach Oberramstadt befördert und sein Nachfolger war dahier Anno 1708 Johann Heinrich Hill."
So wird uns mitgeteilt - ein wichtiger Einschnitt -, dass ab 1704 der Pfarrer J.G. Moter der erste Pfarrer war, der allein für die Gemeinde Diedenbergen zuständig war. Die Einwohnerzahl betrug etwa knapp 300 Einwohner. Da die Pfarrer vorher im Zinshaus oder einem Bauernhaus auf Kosten der Gemeinde wohnten, schritt man dann 1705 zum Bau des Pfarrhofes. - Im Jahr 1705 wurden die Scheune, die Ställe, das Kelterhaus und 1706 das Wohnhaus aufgeschlagen. die Schulchronik von Diedenbergen berichtet: „Das Pfarrhaus hat 4 Stuben, darin 3 eiserne Öfen sind, 4 Kammern und übriges Zubehör. Die Gebäude sind 1705 und nächstfolgende Jahre, das Haus am 3., 4. und 5. Mai 1706 aufgerichtet worden." „Die Gebäude sind 1706 und nachfolgende Jahre aufgerichtet worden, so aus Gemeindeeinkünften und Kollekten, wie auch milde Stiftungen erbaut hat und wird immer in Dach und Fach erhalten 1/3 aus Kirchenlasten und 2/3 aus den Gemeindeeinkünften und Mitteln." - Die Aufteilung der Kosten spielten bei späteren Reparaturen und Umbauten immer eine umstrittene Rolle.Zum Gartenheißt es: „wobei ein Pfarrgarten am Pfarrhof, im Gesicht des HAUSES; NEBEN Matthias Klebers Garten. Die übrigen Seiten hat die Gemeinde mit Pallisaden verwehrt".
Der Pfarrhof, heute Pfarrgartenstraße 12, ist von drei Straßen (Pfarrgartenstraße, Nebengasse und Grüne Straße) umgeben. Nur an der Westseite grenzt er an den erwähnten Kleber'schen Garten, heute Nr. 10. Dieses heuten noch stehende Gebäude Nr. 10 wurde erst 1768 als neue Schule, da die Kinderzahl stark angestiegen war, erbaut. Hier zog 1768 als neuer Lehrer Johann Peter Dohl als Nachfolger des ersten hauptamtlichen Lehrers in Diedenbergen, Joachim Friedrich Klüß ein. Der Lehrer Dohl war nicht nur Schulmeister, sondern auch Orgel- und Klavierbauer, Schreiner und Drechsler. ER baute für die neue Kirche die erste Orgel, die aber nicht immer so richtig funktionierte.
Die Gebäude: Im Pfarrhof habe ich 30 Jahre gewohnt. Durch die Einsichtnahme in die Kirchenakten kenne ich auch die späteren Umbauten. Demnach hatten die Gebäude um 1706 etwa folgenden Zustand:
Das Wohnhaus hat einen Grundriss von 12 x 8 m und ist zweistöckig. Im unteren Stock gab es 4 Stuben und eine große Küche. Das Esszimmer hatte zum Wohnzimmer einen Durchbruch, in diesem stand zu meiner Kinderzeit noch ein 2stöckiger Gussofen mit Gussplatten (Märchenmotive). Im oberen Stock dieses Ofens stand im Winter der große Topf mit heißem Wasser. - Die Böden waren mit Holzdielen versehen, in Flur und Küche lagen 1706 große Sandsteinplatten. Das Fachwerk war, wie bei den großen Umbauten in den vergangenen Jahren durch Fachleute festgestellt wurde, kein wertvolles Sichtfachwerk. Daher ließ man von der Idee ab, es als Sichtfachwerk wieder herzustellen, und ließ es verputzt. Die Schilde zwischen den Balken bestehen aus Eichengeflecht und sind beiderseits mit Lehm verschmiert. Diese Lehmbauweise ließ das Haus im Sommer kühl und hielt im Winter die Wärme gut. - Zum 1. Stock führte 1706 eine enger Holzstiege.-Die Kammern oben waren mit Brettern vernagelt, wie die Kirchenchronik berichtet.-Zu meiner Zeit waren auch auf dem Speicher zwei Zimmer, ein besonders großes mit zwei Fenstern an der Stirnseite des Hauses, ausgebaut. - 1706 waren die Zimmer noch nicht ausgebaut.
Zum Speicher führte eine enge Holztreppe. Über dem Speicher war noch zu meiner Zeit ein Taubenschlag ausgebaut, den man über eine Holzstiege erreichen konnte. - Auf dem Speicher gab es eine Räucherkammer, die etwa 1980 durch den Umbau des Speichers abgerissen wurde. Benutzt wurde sie noch zu Pfarrer Nixdorffs Zeit bis 1939.
Das Pfarrhaus war 1706 nur zu 1/3 durch einen Gewölbekeller unterkellert. Der Zugang zum Keller erfolgte von außen durch einen Vorbau. Das war damals wichtig, weil Futter, Rüben und Kartoffeln, auch für das Vieh, im Keller eingelagert wurden.
Im Keller war neben der Kellertreppe der Born. Vom Kellerboden aus hatte er eine Tiefe von 2 m. Noch zu meiner Kinderzeit war dort eine Pumpe, die wir auch benutzten. Wassermangel war das größte Problem des Dorfes bis 1972 Diedenbergen nach Hofheim eingemeindet wurde und an das dortige Wassernetz angeschlossen wurde.
Dieser Born im Pfarrhaus wird nicht für Menschen und Tiere ausgereicht haben, denn der Pfarrer hatte noch ein halbes Nutzrecht - wie die Kirchenchronik berichtet - an einem anderen Born. Ich nehme an, es war der Born im Gehöft Pfarrgartenstraße 6, wenn dieser war einer der ergiebigsten Brunnen im Dorf.
Die Scheune war im Vergleich zu den anderen Gehöften des Dorfes recht groß. Auf der Tenne hatten zwei beladene Erntewagen Platz. Rechts war der Viehstall, in ihm konnten etwa 10 Stück Vieh Platz haben. Bis zum Abriss der Scheune 1964 waren Futterraufe und Sandsteinfuttertröge noch vorhanden. Links von der Tenne war ein großer Schaf- und Schweinestall. - Die Scheune war recht hoch. Zur westlichen Regenseite hin war sie im Dachteil verschiefert und unten verputzt. - Rechts neben der Scheune war der Misthaufen mit Jauchegrube und Pumpe. Zwischen Scheune und Haus gab es zur Nebengasse hin eine Reihe von 4-5 kleineren Ställen und dann das Plumpsklo mit dem „Herzchen" in der Türe. Über den Ställen gab es die Möglichkeit, Heu und Stroh zu lagern. - Der untere Hof, von uns „Hühnerhof" genannt, war vom oberen Hof durch einen Lattenzaun mit Tor getrennt. Das war sicher 1706 auch so, sonst wären die Besucher des Pfarrers von Hühnern, Gänsen und Enten empfangen worden.
Dem Wohnhaus gegenüber, zur Pfarrgartenstraße hin, stand das Kelterhaus. Seine Größe war etwa 8 × 5 m. Im Kelterhaus war eine Bretterdecke eingezogen. Als mein Vater 1927 den Dienst in Diedenbergen antrat, stand dort noch die Kelter. Die Höfe waren 1706 mit Kies ausgefüllt worden und wurden erst viel später mit Kopfsteinpflaster befestigt. Zu dem damals noch unbebauten Grundstück (Pfarrgartenstraße zehn) hin lag, wie heute, der große Pfarrgarten. Die Gesamtfläche des Pfarrhofes mit Garten beträgt etwa 1200 m².